Reisebericht November 2019

Nachdem ich mir leider noch kurz vor meinem eigentlichen Abflug nach Indien eine Lungenentzündung zugezogen habe, muss ich den Teil Northeast -meiner November-Indien-Reise- leider canceln und werde dies nun im Januar nachholen.

So fliegen wir am 7.November 2019, statt mit der gebuchten Lufthansa, denn diese streikt- mit SaudiArabia nach Mumbai. Nicht nur der Flug ist schrecklich sondern auch die Maschine komplett veraltet. Da wir jedoch erst am 6.November von der Lufthansa die offizielle Benachrichtigung erhalten, dass unser Flug gecancelt wurde, muss ich mich am gleichen Mittag 5 Stunden damit rumschlagen einen Ersatzflug für den 7.November zu bekommen. Wir können keine Stunde später fliegen, da wir in Indien Anschlussflüge gebucht haben und uns unsere komplette Reise ansonsten „ins Wasser“ fallen würde.

Und genau dieses Wasser empfängt uns dann am Morgen des 8.Novembers auch in Mumbai. Indien steht -obwohl die Monsunzeit eigentlich vorbei ist- noch immer unter Wasser und wegen eines gerade herunterprasselnden Zyklons können wir noch nicht einmal gleich den Flughafen verlassen. Wir müssen nach Pune und vorerst ist kein Fahrzeug vorhanden. Mumbai steht still.

Nach stundenlanger, aber wirklich interessanter, Fahrt erreichen wir Pune. St. Antonys Boardinghouse für die Jungs. Schwester Lydia empfängt uns herzlich. Den Jungs geht es allen gut. Aroul, der Junge, welcher letztes Jahr einfach barfuß, nur mit einem Schlüpfer bekleidet, vor die Türe der Fatima Schwestern gelegt würde, springt uns sofort entgegen. Im Gegensatz zum letzten Jahr kann er nun sprechen und besucht auch die Schule. Ich hätte ihn beinahe nicht erkannt. Er hat sich sehr verändert, ist aufgeschlossen und kann lachen. Dieses Lachen ist für mich schon die Belohnung der Strapazen der anstrengenden Anreise.

Wir haben minimum 7 kg Süßigkeiten im Gepäck und so verteilen wir am Abend den ersten Teil an die Jungs, bevor diese und auch wir müde einschlafen.

Denn am nächsten morgen um 5 geht die Reise mit dem Auto weiter nach Andheri, dem Hauptboardighaus in Maharashtra. Unser Körper ist auf 0.30 eingestellt, denn durch die deutsche Winterzeit haben wir einen Zeitunterschied von +4,30 Stunden.

Unser Fahrer gibt Gas und wir sind um kurz nach 9 Uhr in Andheri.

Schwester Arukia, Ranjana und Arul warten schon auf mich, um die Büroarbeiten zu erledigen. Für mich die langweiligste aber notwendigste Arbeit.

Der Indische Regenbogen hat nun an die 400 Paten über die Boardinghäuser in Indien verteilt und die Aufgabe von uns 4 ist es nun die ganzen Listen von mir und den Fatima Schwestern zu vergleichen ob noch alle Kinder in den jeweiligen Häusern sind. Schließlich habe ich den Paten gegenüber die Verantwortung dafür zu sorgen, dass alles stimmt. Außerdem hat beinahe jedes Patenkind seinem Spender eine Weihnachtskarte geschrieben und auch dies muss kontrolliert werden. Noch schlimmer- ich muss zu jedem indischen Kind den deutschen Paten finden. Die Inder wären nicht die Inder wenn sie alles gleich richtig und komplett machen würden. So haben Sie mir zwar auf jeden Umschlag den Namen des Kindes geschrieben aber leider nicht den dazugehörenden Paten. Dies gilt es nun herauszufinden.

.. erledigt und wir gehen die kompletten Kontoauszüge des Jahres 2019 durch. Zu jeder Überweisung nach Indien, sei es für Patenschaften oder eines unserer Projekte, muss einmal der Orden eine Quittung (receipt) austellen und einmal ich ein Schreiben aufsetzen, dass ich, Alexandra Nowack, im Namen des IR …..Indische Rupien für….. am…. überwiesen habe. Ätzend, ich wäre so gerne bei den Kindern.

Und zum Schluß kommt das liebe Finanzbeamte, prüft und ertstellt die Einnahme-Ausgabe-Tabelle, welche einmal ans Finanzamt Mumbai geht und einmal an den Steuerberater des Indischen Regenbogens.

Ein besonderes Lob muss ich jedoch Schwester Arul aussprechen. Wenn das Geld auf dem Konto der Fatima Schwestern vom IR ankommt, legt sie es zuerst ein paar Tage an, erzielt damit Pluszinsen und kann damit dann Sachen kaufen wofür kein Geld dagewesen wäre.

Mittlerweile ist es 21 Uhr und wir warten auf den IT-Spezialisten. Wir benötigen einen Laptop und einen Projektor für Gujarat. Am Nachmittag bekam ich das Angebot per Fax und verhandelte auch gleich einen guten Preis. Natürlich fanden meine „gläubigen“ Fatima Schwestern schon beim Hauptangebot, dass der Verkäufer ein guter Mann ist und sie deshalb einen Superpreis erhalten haben. Ich bezahlte nur eben halt 200 € weniger.

Der Herr kommt kurz nach 21 Uhr und erklärt uns den Laptop und den Projektor, welchen wir nun am kommenden Tag nach Gujarat mitnehmen werden. D.h. wir müssen ihn dann den Schwestern dort erklären.

Mit dem Laptop und dem Projektor werden unsere Fatima Schwestern in die entlegenen Dörfer fahren und dort den Frauen Vorträge über Ernährung, Verhütung und medizinische Selbsthilfe vermitteln.

Aber auch den Kindern in den Schulen Vorträge halten. Der Strom wird häufig den Lastwagenbatterien vor Ort entnommen.

Dies ist wichtig, da die Orte wirklich soweit auseinander liegen, dass es keine Möglichkeit gibt die Menschen in Gruppen zu versammeln.

Im Sommer bekamen wir von einem Spender das Geld für einen Motorroller, so dass Schwester Meena nun von Ort zu Ort fahren kann, um unser Projekt „Laptop“ auszuüben. Bei der Übergabe des Laptops und des Projektors musste Schwester Meena weinen. Sie wusste nicht, dass der IR diese Kosten übernimmt bzw. die Geräte im Rucksack hat. Die Überraschung ist uns gelungen.

Ich werde alle zu meiner Reise dazugehörenden Bilder zeitnah auf unsere homepage

Indischer-regenbogen.de stellen.

Und so verlassen wir am kommenden morgen um drei Andheri, um nach Gujarat zu fliegen.

In Gujarat haben wir 20 Mädchen im Sommer beim Indischen Regenbogen aufgenommen. Den Betrag für 2020 hat nun der IR übernommen, welcher das Geld dank mehrer Paten mit großzügigen Spenden hat. Es wird jedoch meine Aufgabe sein bis Ende 2020 für jedes Mädchen einen Paten zu finden.

Die Mädchen freuen sich unheimlich, dass wir den weiten Weg auf uns genommen haben. Sie führen uns ihre traditionellen Tänze auf und löchern uns mit Fragen, welche für uns unvorstellbar sind. Ob es stimmt, dass wir immer Wasser haben, ob unsere Mädchen alleine in die Stadt zum Einkaufen dürfen, dass wir alle Fahrradfahren und Schwimmen können. Warum wir keine Elefanten und Kamele haben? Gujarat ist der Staat der Kamele als Transportmittel und Arbeitstiere.

Und warum wir mit den Teilen da oben am Himmel fliegen und warum können die fliegen

Wir gehen in den zwei Tagen mit den Schwestern auf Reise durch Gujarat und treffen wirklich viele arme Familien. Ausschließlich Bauern. Jetzt hatte Indien doch tatsächlich 2 Jahrhundertdürren nacheinander und dieses Jahr…….die lange und starke Regenzeit hat die kompletten Ernten zerstört.

Resultat: In Indien kostet ein Kilo Zwiebeln 200 IRs = 2,60 €. Ein Taglohnarbeiter verdient  100 IRs am Tag und ein Fahrer (das sind in Indien gut bezahlte Leute) 300 IRs.

Das bedeutet, die Armut wird ansteigen und es werden weiterhin viele Kinder von ihren Eltern abgegeben und ausgesetzt. Die Kinder können weiterhin nicht zur Schule, denn ab der 5. Klasse muss in Indien für die Schule bezahlt werden.

Da vereinbaren Frau Merkel und Herr Modi sich um Hochgeschwindigkeitszüge zu kümmern. Wer soll damit fahren? Natürlich dienen diese auch nur weitgehend den Reichen.

Times of India veröffentlichte eine Studie, welcher zu entnehmen ist, dass sich in Indien jeden Tag 4 Männer wegen Armut umbringen.

Eine weitere Studien, die mich zum Weinen bringt: In Mumbai wurden im Jahr 2018 doch tatsächlich 287 Mädchen zwischen 6 und 12 Jahren vergewaltigt. Nur in Mumbai!! Und nur die Zahl die man kennt!!! Aber alle Vergewaltiger, welche man ausfindig machen kann, haben meistens mit der Todesstrafe zu rechnen. Der Staat greift hart durch, um die Opferzahl zu minimieren.

Indien wird noch lange diese kleinen Organisationen wie den Indischen Regenbogen benötigen.

Und weil wir hier in Gujarat die vielen armen Bauern antreffen, starten wir sogleich ein neues Projekt. „Buffalos“. Wir haben einen Spender, welcher jeden Monat einen Buffalo bezahlt. Die Fatima Schwestern entscheiden Monat für Monat welche Familie diesen Büffel erhält. Sobald der Büffel für Nachwuchs gesorgt hat, entscheiden wieder die Fatima Schwestern welche Familie dieses Jungtier bekommt.

Diese Ideen können mir eben nur kommen, wenn ich vor Ort bin.

Eine italienische Organisation hat vor ein paar Jahren kleine Häuser für die Familien gebaut, so dass sie nicht mehr auf dem nassen Lehmboden schlafen müssen. Jedes Haus kaum größer als eine große Garage bei uns. Aber eben ein Dach über dem Kopf.

Auch lernen wir einen „Babba“ (Großvater) kennen. Er lebt noch in einer Strohhütte. Hat 10 Kinder und 60 Enkel. Sonst hat er nichts, aber für ihn ist das das höchste Glück und er ist zufrieden. Freut sich über unseren Besuch und dass wir ihm die Hand drücken und mit ihm einen vom Brunnenwasser gekochten Tee aus einer vor Schmutz stehenden Untertasse trinken. Wir denken darüber einfach nicht nach und vertrauen auf unsere Cholera-Impfung. Was übrigens auch belohnt wird.

Nach zwei anstrengenden, aber wunderschönen und für uns erfolgreichen, Tagen, fliegen wir nach Mumbai zurück. Übernachten in Andheri und „Juhu“ am nächsten morgen um fünf geht es weiter mit dem Geländewagen.

Erste Anlaufstelle: Kannad , 380 km entfernt und dafür benötigen wir 10 Stunden. Obwohl die Hälfte der Strecke sich Highway nennt. Zum Teil sind die Straßen auch wirklich sehr gut, der Verkehr wird jedoch durch allmögliche Tiere, welche die Straßen auch nutzen, und kreuz und querfahrenden Autos und Trucks, selbst ausgebremst.

Zudem ist unser Fahrer anfangs mit Brüllen ins Telefon beschäftigt, statt mit Fahren, da seine Frau von einem Mann geschlagen wurde.

Wir kommen am späten Nachmittag in Kannad an. Die Jungs aus den Fischerfamilien freuen sich unbändig uns wieder zu sehen, denn hier waren wir zuletzt im November 2017. Sicherlich erinnern sich die meisten von Ihnen daran, dass wir hier Toilettenanlagen gebaut haben damit die Kinder nicht mehr von den Tigern verschleppt und getötet werden. Es gab auch weiterhin keinen Vorfall mehr und die Fatima Schwestern haben Gitter in die Fensteröffnungen bauen lassen, so dass auch die Affen nicht mehr in die Schlaf- und Lernräume kommen können. In Kannad geht alles seinen geregelten Weg. Wir spielen mit den Jungs, verteilen unsere Süßigkeiten. Es gibt wieder Eiswaffeln von Frau Ganci aus der Durmersheimer Eisdiele. Das Highlight schlichtweg. Ich glaube ohne die brauchen wir nicht mehr zu kommen.

Unser Fahrer war noch nie und wird auch nie mein Freund. Meistens kennt er den Weg nicht, was ich ihm eigentlich nicht verüble. Aber… sowohl sein Navi im Handy als auch ich sagen ihm immer den Weg (ich weiß nicht wie oft ich diese Strecken nun schon gefahren bin) und er fährt trotzdem anders. Einmal telefoniert er mit seinem Chef und erklärt diesem: Fremde und Frau sagt, dass ich so fahren soll…aber. ABER, da er dann so fährt, hat ihm wohl der Chef mitgeteilt, dass Fremde und Frau Recht haben.

Und genau deshalb brauchen wir am späten Nachmittag von Kannad nach Kopergaon (eigentlich eine Strecke von 1,5 Stunden) mehr als drei Stunden und fahren in tiefer Nacht kaputte, holprige und dunkle Straßen entlang.

Viel zu spät und müde, als seien wir selbst am Steuer gesessen, kommen wir in Kopergaon an. Hierher führt uns der lange Weg, weil wir zum einen die schon betreuten Mädchen besuchen möchten und zum anderen weitere 10 Mädchen aufnehmen werden.

Obwohl es schon so spät ist, haben sich die Mädchen alle hübsch gemacht und bieten uns ein wunderschönes Tanzprogramm. Es gibt eine zuckersüße Schokoladencremetorte, welche wir zuhause nie essen wurden. Reine Chemie, aber heute sehr sehr lecker.

Den nächsten Morgen gibt es hier drei neue Ziegen. Unser Ziegenprojekt ist sehr beliebt. Die Zicklein kommen im wahrsten Sinne des Wortes von selbst und die Witwen und Familien freuen sich darüber alle mit Milch versorgen zu können und hier auch noch Gewinn erzielen. Genauso können sie überleben und ihre Kinder zur Schule schicken. Die Fatima Schwestern kontrollieren strengstens, dass das Geld für Schulgeld und nicht für Unfug angelegt wird.

Auch hat das Boardinghouse sehr viele Tiere. Ziegen, Hasen, Hühner und Hunde. Und tatsächlich werden alle Tiere einzig und allein von den Kindern versorgt. Da kann es schon einmal vorkommen, dass die Ziege im Hühnerstall liegt.

Es gibt auch einen wunderschönen Nutzgarten, welcher von den Kindern und Schwestern bewirtschaftet wird. Aber auch dieser wurde vom diesjährigen heftigen regen zerstört und erbringt keine Ernte. Da das Gemüse und Obst nun gekauft werden muss, ist hier nun Schmalhans zu Gast. Reis und Linsen werden die Haupternährungsmittel ein.

Auch bei unseren Spendern ist dieses Projekt sehr beliebt. Es gibt immer wieder einen dieser Schönen 50 € Scheine mit der Bitte eine Ziege zu kaufen. Und hierfür sage ich persönlich Danke.

Auch das möchte ich sagen: Die Fatima Schwestern und die Kinder lassen immer wieder die Spender, Pateneltern und Freunde des Indischen Regenbogen grüßen. Und immer wieder soll ich ihren Dank ausrichten. Sie alle machen diese Familien sehr sehr glücklich.

Gegen Mittag fahren wir in das letzte Haus nach Nashik. 35 Waisen- und Straßenkinder.

Ein Tag zuvor wurden gerade wieder drei Kinder aufgenommen. Ein Mädchen und ein Brüderpaar. Die Jungs wurden im Schlafen einfach liegengelassen. In zerlumpten Kleidern. Das ca. dreijährigen Mädchen, Alter und Name sind einfach nicht bekannt, einfach in der Nacht vor die Türe gelegt.

Bitte verurteilen Sie diese Eltern nicht. Sie wissen einfach nicht wie sie ihre Kinder ernähren sollen. Und wenn sie sie irgendwo ablegen, hegen sie die Hoffnung, dass ihre Kleinen gefunden werden und von anderen Menschen besser versorgt werden.

20 Kinder hat der IR hier schon versorgt und ich verspreche das Geld für weitere 15 Kinder. Ebenso lasse ich 10 000 IRs da, damit die Schwestern für die Kinder Kleider kaufen können.

Die Fatima Schwestern kümmern sich darum, dass alle Kinder die Schule bzw. den Kindergarten besuchen können. Und darauf kann ich mich verlassen.

Unsere Tage waren ausgefüllt und wir sind glücklich, dass es „unseren“ Kindern allen gut geht.

Ich hege den Wunsch, dass ich noch viele Spender und Paten finde und freue mich schon jetzt auf Januar 2020, wenn ich meine Northeast-Reise nachholen werde.

Mit 400 Weihnachtskarten aus Indien für die Paten im Gepäck fliegen wir gerade zurück nach Deutschland. Es wird meine nächste Aufgabe sein diese zu verteilen.

Ich hoffe viele von Ihnen bei der Mitgliederversammlung am 4.Dezember 2019, um

19 Uhr im Restaurant Korfu in Durmersheim begrüßen zu dürfen und wünsche Ihnen, auch im Namen der Fatima Schwestern, eine wunderschöne Adventszeit.

Namaste
Ihre Alexandra Nowack

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